Aydyo verspricht mit seinem Blaswandler Sylpyho ein elektronisches Blasinstrument, das sich wie ein akustisches Blasinstrument anfühlt. Das Sylpyho ist nicht nur berührungsempfindlich wie andere Blaswandler, sondern interpretiert auch Bewegungen. Je nach Geste kannst du mit dem Sylphyo einen anderen Sound erzeugen. Über diese und andere Eigenschaften des Sylphyo findest du in den folgenden Abschnitten weitere Informationen.
Das Sylphyo des französischen Herstellers Aodyo (ausgesprochen wie "Audio") sieht für mich auf den ersten Blick ziemlich simpel konstruiert aus, wenn man es mit anderen Blaswandlern wie dem Aerophone AE-10 oder dem EWI5000 vergleicht. Zudem erinnert es von allen elektronischen Blasinstrumenten am stärksten an ein Spielzeuginstrument. Es sieht ungefähr aus wie eine leicht verformte Blockflöte aus Plastik. Die einfache Form im Vergleich mit anderen digitalen Blasinstrumenten täuscht aber über den Funktionsumfang des Sylyphyo hinweg. Der Blaswandler von Aodyo hat nämlich einiges zu bieten und wurde seit seiner Erstveröffentlichung im Jahr 2015 kontinuierlich weiterentwickelt.
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Mundstück des Sylphyo
Das Mundstück des Sylphyo orientiert sich nach meinem Empfinden am ehesten an einem Blockflötenmundstück. Wie bei anderen Blaswandlern dient das Mundstück dazu, den Luftstrom in das Instrument zu transportieren, wo er von Sensoren wahrgenommen wird. Bläst du stark in das Mundstück ist der Ton lauter, bläst du schwach ist er leiser. Mit dem Sylphyo kannst du also problemlos ein Crescendo oder Decrescendo erzeugen, aber die Sensoren des Instruments erkennen auch ein Staccato oder eine Flatterzunge.
Tasten und Griffsystem
Berührungsempfindliches Instrument
Das Sylphyo hat berührungsempfindlichen Tasten. Falls du beim Spielen das Gefühl hast, dass das Instrument zu wenig gut auf deine Berührungen reagiert, kann in den Einstellungen des Sylphyo die Sensitivät des Instruments erhöht werden. Das ist sicher sinnvoll, denn aus eigener Erfahrung (allerdings beim EWI5000) kann ich bestätigen, dass trockene Hände und/oder die Luftfeuchtigkeit einen Einfluss darauf haben, wie zuverlässig berührungsempfindliche Tasten funktionieren.
Verschiedene Griffsysteme
Das Standardgriffsystem des Sylphyo ist stark an der Blockflöte orientiert, was für mich nachvollziehbar ist, denn das Tastenlayout ist ebenfalls nahe am Layout der Tonlöcher bei der Blockflöte. Im Unterschied zur Blockflöte, bei welcher Halbtöne mit halb zugedeckten Tonlöchern erzeugt werden, kann beim Sylphyo jeder Ton mit der Taste für den linken kleinen Finger um einen Halbton nach oben versetzt werden, also zum Beispiel von f auf fis.
Wer lieber ein anderes Griffsystem verwendet, hat bei keinem anderen Blaswandler bereits so viele Alternativen programmiert wie beim Sylphyo. Griffsysteme von Klarinette, Querflöte oder Saxophon sind vorhanden, ebenso der Electronic-Wind-Instrument-Fingersatz (EWI-Fingersatz) und auch Griffsysteme von weniger verbreiteten akustischen Instrumenten findet man beim Sylphyo, z. B. Dudelsack oder Hulusi. Der Fingersatz der irischen "Tin Whistle" kann zudem für verschiedene modale Tonarten adaptiert werden, z. B. dorisch, phrygisch, mixolydisch etc.
Falls du mehr zu Griffsystemen bei unterschiedlichen Blaswandlern erfahren willst, findest du in diesem Blogbeitrag mehr Informationen.
Sylphyo versteht Bewegungen
Ein Alleinstehungsmerkmal des Sylphyo ist war (das Aerophone PRO beherrscht dies inzwischen auch) seine Fähigkeit, Bewegungen zu erkennen und mit einer Tonveränderung darauf zu reagieren. Ein Beispiel dafür ist das Vibrato.
Vibrato mit dem Sylphyo
Bei einem akustischen Saxophon kann ein Vibrato durch die rasche Veränderung der Kiefer- bzw. Lippenspannung erzeugt werden. Dies Technik ist beim Aerophone AE-10 von Roland, welches ein saxophonähnliches Mundstück mit Rohrblatt hat, ebenfalls möglich. Beim EWI5000 ist die Technik ähnlich: Du beisst abwechselnd stärker und weniger stark auf das Mundstück, was der Biss-Sensor erkennt und das Vibrato auslöst.
Beim Sylphyo wird das Vibrato hingegen nicht über den Ansatz gesteuert, sondern indem man das Instrument "schüttelt". Aydyo nennt es ein shake vibrato: Der Vibratoeffekt wird durch ein vor- und zurückbewegen des Sylphyo erzeugt. Je schneller diese Bewegung ist, umso stärker ist das Vibrato.
Musik nur durch Bewegung
Wenn du das Sylphyo ruckartig und bestimmt einmal von oben nach unten schüttelst, kannst du mit dem Instrument anschliessend Töne erzeugen, ohne in das Mundstück blasen zu müssen. Je höher du den unteren Teil des Instruments nach oben drehst – bei einem akustischen Instrument würde man vom Trichter sprechen – umso lauter wird der Ton. Oder anders formuliert: Je stärker das Sylphyo von einer vertikalen in eine horizontale Position gebracht wird, umso lauter wird es. Das Schütteln des Sylphyo von oben nach unten hat in diesem "Spielmodus" ausserdem dieselbe Funktion wie das Anstossen eines Tons mit der Zunge.
Sobald du in das Mundstück des Sylphyo bläst, wird diese von Aydyo inertial mode genannte Reaktion des Instruments auf Bewegungen wieder ausgeschaltet.
Weitere Bewegungen während des Spielens
Das Sylphyo reagiert aber auch auf diverse weitere Bewegungen während du in das Mundstück bläst. Das Bewegen des Instruments von oben nach unten oder das Rollen nach links oder rechts löst verschiedenste Modulationen und Tonveränderungen aus.
Sylphyo-Sounds
Kleine Soundbibliothek
Im Sylphyo ist zwar ein internes Soundmodul verbaut, allerdings sind fast keine "klassischen" Bläserklänge wie Klarinette, Trompete oder Flöte integriert. Seit der Software-Version 1.4.5 (Juni 2020) gibt es immerhin einen Altsaxofon-Spund und mit der Version 1.4.6 (Juli 2020) wurde ein Querflötensound ergänzt. Daneben findet man in der Sounddatenbank mehrheitlich synthetische Sounds, deren Namen nicht immer viel dazu aussagen, welchen Klang einen erwartet, zum Beispiel: MacGuffin, Daphnis Flute, House of Chords, Meow, Sync Asset, Soyuz LT, Corroboree, Chalumeau, Chameleon Bass. Abhängig vom ausgewählten Klang verändern (oben beschriebene) Bewegungen des Sylphyo den Sound leicht anders.
Sylpyho als MIDI-Controller
Die Stärke des Sylphyo liegt also nicht in einer integrierten Soundbibliothek, sondern eher in der Funktion als MIDI-Controller, was über eine MIDI-USB-Schnittstelle erfolgt oder in Kombination mit einem Sylphyo Link (Wireless-Receiver) auch drahtlos funktioniert. Über diese MIDI-Verbindung kannst du mit dem Sylphyo einen externen Hardware-Synthesizer oder auf dem PC/Smartphone installierte virtuelle Software-Instrumente steuern. Gemäss dem Hersteller Aoydyo funktionert das Sylphyo auch gut mit den kostenlosen Apps Garageband oderYamaha Synth Book.
Um den Einstieg zu erleichtern bietet Aodyo zudem die Software "Sylphyo Bench" zum Download an (hier für Windows oder macOS). Das Programm hat fünf Sounds so vorkonfiguriert, dass sie gut mit dem Sylphyo gespielt werden können.
Kein eigener Lautsprecher
Im Unterschied zum Aerophone AE-10 von Roland verfügt das Sylphyo über keinen eigenen Lautsprecher. Wenn du hören willst, was du spielst, musst du das Instrument mit einem externen Lautsprechersystem verbinden. Du kannst natürlich auch Kopfhörer an das Sylphyo anschliessen.
Sylphyo mit Strom versorgen
Das Sylphyo bezieht den benötigten Strom von einer wiederaufladbaren Lithium-Ionen-Batterie, die von Aodyo mitgeliefert wird. Aufgeladen wird die Batterie über das USB-Kabel. Bei der ersten Inbetriebnahme muss die Batterie gemäss Hersteller zuerst vollständig aufgeladen sein, was bis zu 8 Stunden dauern kann. Wie lange eine Batterieladung hält, wenn man mit dem Sylphyo spielt, erwähnt Aodyo nicht.
Fazit: Blaswandler für Kreative
Das Sylphyo bietet mit der Steuerung der Sounds durch Bewegung ein Feature, das man bei anderen Blaswandlern lange vergeblich suchte. Inwischen sind Bewegungssensoren auch beim Roland Aerophone Pro enthalten. Diese Funktion erschliesst neue Einsatzmöglichkeiten, die du kreativ ausschöpfen kannst. Allerdings darfst du kein Problem damit haben, auf der Bühne herumzuhampeln, was für Zuschauer gleichzeitig sehenswert und kurios wirken mag.
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Wer bei einem Blaswandler gerne viele integrierte Sounds haben möchte, wird beim Sylphyo nicht fündig. Die sieben (eher exotischen) Sounds können mit den umfangreichen Soundbibliotheken beim EWI5000 und besonders beim Aerophone AE-10 nicht mithalten.
Falls du einen drahtlosen MIDI-Controller suchst, kannst du das Sylphyo in Kombination mit dem LINK-Receiver sogar drahtlos einsetzen – damit ist der Blaswandler von Aodyo zum Beispiel dem EWI5000 voraus, welches nur Audio kabellos übertragen kann, aber nicht MIDI.
Insgesamt sehe ich das Sylphyo eher als Instrument für Tüftler und solche, die den Fokus vor allem auf die Möglichkeiten von MIDI und Software-Instrumenten setzen wollen, was Zusatzprogramme oder Zusatzhardware erfordert. Wer mit seinem Blaswandler schnell und unkompliziert klassische Blasinstrumente wie Saxophon, Oboe, Trompete etc. nachahmen will, ist mit einem Aerophone AE-10 oder einem EWI5000 wahrscheinlich besser bedient.