Wer mehrere Blasinstrumente spielt, kennt das Problem: nicht nur Mechanik und Griffe unterscheiden sich, sondern auch der Ansatz. Blaswandler sind nicht anders. Jeder Blaswandler hat ein eigenes Mundstück und wird deshalb anders gespielt. Man kann sich deshalb fragen, ob man dem Ansatz seines Hauptinstruments schadet, wenn man daneben ein elektronisches Blasinstrument spielt.
Es gibt Saxophonisten, die als Zweitinstrument Querflöte spielen – und ich frage mich immer, wie sie diese völlig unterschiedlichen Instrumente unter einen Hut bringen. Ich selber spiele Klarinette und Altsaxophon. Bei diesen Instrumenten sind immerhin die Mundstücke ähnlich. Dennoch wird mein Saxophonansatz eindeutig von meinem Klarinettenansatz beeinflusst (und umgekehrt). Weil die Klarinette mein Erstinstrument ist, spiele ich das Saxophon häufig zu verkrampft: Ich presse die Lippen bzw. die Kiefer zu stark zusammen. Ein lockeres Spielen, besonders bei jazzigen Stücken, ist mit dem Altsaxophon erst wieder möglich, wenn ich mir bewusst in Erinnerung rufe, den Ansatz zu lockern.
Tritt dieses Phänomen des Verkrampfens oder sogar eines falschen Ansatzes auch beim Wechsel vom Blaswandler zu einem anderen Instrument und umgekehrt auf? Meine Antwort: ja und nein.
Der "schwierige" Ansatz bei normalen Instrumenten
Wenn du einem Anfänger zum ersten Mal eine Trompete oder ein Fagott in die Hand gibst, ist die Tonerzeugung meistens Glückssache. Erst nach Tagen oder gar Wochen und Monaten hat er das Instrument soweit gemeistert, dass er mehr oder weniger stabile Töne erzeugen kann. Und wenn es in höhere Oktaven geht, kann es auch Jahre dauern, bis man hohe Töne meistert; und einige schaffen das nie.
Der "einfache" Ansatz bei Blaswandlern ... oder doch nicht?
Sofort sauberer Ton
Der Ansatz bei elektronischen Blasinstrumenten unterscheidet sich in einem entscheidenden Punkt von den klassischen Blasinstrumenten: In einen Blaswandler bläst man rein und unten (bzw. aus dem Lautsprecher) kommt ein sauberer Ton raus. Jeder Anfänger kann auf einem Blaswandler innerhalb von wenigen Minuten oder gar Sekunden einen stabilen Ton erzeugen – unabhängig von der Tonhöhe. Beim EWI5000 kann man beispielsweise ohne Probleme irgendeinen Ton innerhalb eines Umfangs von acht Oktaven spielen.
Keine Intonationsprobleme
Es gibt auch nie Intonationsprobleme bei einem Blaswandler. Wenn man beim elektronischen Blasinstrument die absolute Tonhöhe programmiert (z. B. den Kammerton a auf 440 Hz), bleibt diese festgelegte Stimmung des Instruments konstant. Die Intonation bleibt gut, und zwar unabhängig davon, ob man an einer Sommerparty bei 30 Grad Celsius oder im Winter auf einem Weihnachtsmarkt bei -10 Grad Celsius spielt.
Beim elektronischen Blasinstrument ist im Vergleich zu einem herkömmlichen Blasinstrument also kein spezieller Ansatz bzw. eine bestimmte Blastechnik notwendig, um damit zu spielen. Entsprechend liegt der logische Schluss nahe, dass es dem Saxophon-, Trompeten- oder Oboen-Ansatz nicht schadet, wenn man mit einem Blaswandler spielt.
Herausfordernde Zusatzfunktionen
Ganz so einfach zu spielen sind Blaswandler nach meiner Erfahrungen dann aber doch nicht. Es ist zwar tatsächlich so, dass man einfach in das Instrument bläst und so problemlos die gewünschte Melodie sauber spielen kann. Aber:
Wenn man die Zusatzfunktionen nutzen will, die ein Blaswandler beim Ansatz bietet, gestaltet sich das Ganze deutlich schwieriger. Beim Akai EWI5000 oder auch beim Aerophone AE-10 von Roland kann man zum Beispiel mit dem richtigen Ansatz ein Vibrato erzeugen. Das bedingt dann doch mehr Fähigkeiten, als einfach reinzublasen.
Will man alle Toneffekt des elektronischen Blasinstruments nutzen, die man über den Ansatz erzeugen kann, muss man also wie bei einem normalen Instrument viel üben. Dies hat bei mir zur Folge, dass meine Fertigkeiten beim EWI5000 und beim Aerophone AE-10 nicht über einen "normalen" Ton hinausgehen. Ich übe zu wenig, um alle möglichen Ansatzeffekte dieser elektronischen Blasinstrumente zu beherrschen. Aber vielleicht ändert sich das in Zukunft ja noch.
Automatischer Gewöhnungseffekt
Übt man viel, gewöhnt man sich an die Art und Weise, wie man das elektronische Blasinstrument spielen muss und wie sich das Mundstück anfühlt. Wechselt man dann auf sein Hauptinstrument, bei mir ist dies die Klarinette, kann dies den Effekt haben, dass es sich etwas seltsam anfühlt. Nach meiner Erfahrung muss sich das Gehirn zuerst daran zurückerinnern, wie der richtige Ansatz für die Klarinette ist. Der Blaswandler beeinflusst also meinen Klarinettenansatz wie folgt: Die Vertrautheit mit dem Instrument beziehungsweise das Gefühl für den richtigen Ansatz verschwimmt. Je häufiger man hin und her wechselt, umso kürzer wird aber der Zeitraum, bis sich das Gehirn auf das "neue" Instrument wieder eingestellt hat. Und irgendwann nimmt man die Umstellung fast nicht mehr war.
Weitere Auswirkungen eines Blaswandlers
Auswirkungen auf die Handhaltung
Dasselbe gilt auch für die Handhaltung. Ein Blaswandler hat eine eigene Form, entsprechend ist auch die Finger- und Handhaltung automatisch anders als beispielsweise bei der Klarinette. Es fühlt sich anders an, eine Klarinette zu halten als ein EWI5000. Der Unterschied kann aber auch viel grösser sein als zwischen EWI5000 und Klarinette, die sich in der Form ähneln. Die Umstellung von einer Trompete auf ein Aerophone AE-10 ist sicher nochmal komplizierter.
Auswirkungen auf die Fingerfertigkeit
Das Griffsystem bei Blaswandlern kann teilweise umprogrammiert werden, sodass es weitgehend einem traditionellen Instrument entspricht. Das EWI5000 hat beispielsweise diverse Griffsysteme gespeichert: Sax, Oboe, Querflöte u. a. Das erleichtert die Handhabung. Die Abstände zwischen den Tonlöchern und die gesamte Mechanik (bzw. die fehlende Mechanik) beim EWI5000 weicht dennoch vom Saxophon ab, weshalb ich zu Beginn öfter danebengriff.
Diesen Effekt kann man aber nicht dem Blaswandler anlasten. Als ich neu begonnen hatte, neben Klarinette auch Altosaxphon zu spielen, konnte ich mehrmals beobachten, wie meine Finger plötzlich "selbstständig" auf dem Saxophon das Griffsystem der Klarinette anzuwenden versuchten. Der vom Gehirn gespeicherte Automatismus war stärker als das Bewusstsein, dass ich jetzt Saxophon und nicht Klarinette spielte. Es ist schlicht eine Übungssache, wie schnell man zwischen einem Instrument wechseln kann, ohne dabei die Finger zu verknoten.
Einen Einfluss auf die Fingerfertigkeit hat ein Blaswandler aber meiner Meinung nach nicht, und wenn dann höchstens einen positiven: Die Finger werden flexibler, wenn man verschiedene Instrumente spielt.
Übung macht den Meister – auch beim Blaswandler
Das tönt jetzt etwas abgedroschen, aber meiner Meinung nach ist es so: Übung macht den Meister. Je mehr Instrumente man spielt (auch innerhalb derselben Instrumentenfamilie), umso mehr Übung braucht man, um flexibel und problemlos zwischen ihnen zu wechseln.
Spielt man neben Klarinette, Trompete oder Fagott noch ein elektronisches Blasinstrument, hat dies auch Auswirkungen auf den Ansatz. Allerdings ist es sicher nicht so, dass man seinen Saxophon-, Fagott- oder Querflötenansatz kaputt macht, wenn man nebenher ein elektronisches Blasinstrument spielt.
Wenn du aber vor lauter Freude an deinem elektronischen Blasinstrument fast nur noch damit spielst, ist es logisch, dass dein Ansatz bei deinem Hauptinstrument leidet. Das liegt aber nicht am Blaswandler, sondern daran, dass du mit deinem Hauptinstrument weniger übst.
Fazit: Keine Ansatzprobleme
Zusammenfassend bin ich der Meinung, dass ein Blaswandler zwar einen Einfluss auf den Ansatz eines zweiten Instrumentes hat, dies aber kein Grund ist, auf einen Blaswandler zu verzichten. Mit einem Blaswandler zu spielen, schadet nicht deinem Ansatz, unabhängig davon, ob du Trompete, Querflöte, Klarinette oder anderes Instrument spielst.
Kauf einen Blaswandler wenn du davon fasziniert bist! Es macht Spass. Vergiss aber nicht, mit deinem Hauptinstrument weiterhin zu üben, wenn du deine Fertigkeiten nicht verlieren willst.